Einmal mehr schaffte eine Frankfurter Eintracht den sensationellen Saisonabschluss -
nach einer unglaublichen Rückrunde erkämpfte man mit einen ungefährdeten 3:0 Sieg gegen Wacker
Burghausen am vergangenen Sonntag den völlig verdienten Aufstieg in die 1. Bundesliga.
43000 Zuschauer waren in das seit Wochen völlig ausverkaufte Waldstadion gekommen
um einen Erfolg zu feiern, den vor einem halben Jahr kein Mensch für möglich gehalten hätte. Damals
im kalten Herbst 2004 lag die Eintracht aussichtslos zurück auf einen Aufstiegsrang - mehr noch, es
gab ernsthafte Sorgen um den Verbleib in der zweiten Liga. Auf der anderen Rhein- bzw. Main-Seite frohlockte
man schon.
Der Vorstand um Heribert Bruchhagen und Trainer Friedhelm Funkel hatten im Sommer
eine völlig neue Mannschaft zusammengestellt, junge und unbekannte Spieler sollten die Rückkehr
ins Oberhaus packen. Es gab zwar viele Eintrachttore, offensiven ansehnlichen Hurra-Fußball aber auch
eine schreckliche Defensivarbeit. Das 4:4 in Essen war bezeichnend für diese Zeit. Die junge
Mannschaft musste sich noch finden.
Damals im Herbst - und das war wohl für den Saisonverlauf entscheidend - hielt der Verein zum Trainer und seiner
Aufbauarbeit, dazu standen die Fans der Eintracht, obwohl die
Aufstiegshoffnung in weite Ferne gerückt war, bedingungslos hinter der Mannschaft. Heimstark war man ja, aber in fremden Stadien? Genau
zum richtigen Zeitpunkt am letzten Spieltag der Hinrunde gewann man kurz vor Weihnachten mit 3:0
im fernen Burghausen - einer von vielen Meilensteinen für den späteren Aufstieg.
Das neue Jahr zeigte eine schon sensationelle Heimstärke in der immer weniger Baustelle
Waldstadion - Aachen, Köln, Fürth und wie sie alle hießen wurden unter tatkräftiger Unterstützung der
Zuschauer aus der Arena gefiedelt. Insgesamt zehn Heimsiege hintereinander - lange ohne Gegentor -
das war Vereinsrekord. Und die Konkurrenz schwächelte, allen voran die vormals so überlegenen
Fürther.
Und auswärts - es ging weiter auf und ab. Das 2:3 Debakel in Ahlen Ausdruck dieser
Phase. Wieder glaubte keiner mehr so recht an den Aufstieg zumal man nun drei Begegnungen im
fernen Osten hatte… Bei den zu diesem Zeitpunkt sehr starken Kumpels aus Aue gab es in meinen
Augen den Knallpunkt der Saison - 5:0 Sieg im Erzgebirge - in der Höhe und Souveränität nie
geglaubt. Der nächste Meilenstein. Klare Siege in Erfurt und Cottbus folgten.
Inzwischen spielte die Eintracht Fußball auf höchsten Zweitliga-Niveau, war sicher die mit
Abstand beste Elf der Liga und hatte einen neuen Konkurrenten um den Aufstiegsplatz. München 60
schaffte es sich mit einer Ungeschlagenserie oben festzusetzen, zeigte dabei aber hinten raus auch
Schwächen und fiel mehr durch dumme Sprüche ihres Trainers Maurer auf. Da fiel es auch nicht ins
Gewicht, dass die Eintracht am drittletzten Spieltag daheim gegen die Duisburger Zebras höchst
unglücklich verlor, der MSV stieg im Waldstadion auf und lieferte der SGE die Generalprobe für eine
eigene Aufstiegsfeier.
Der 22. Mai 2005 brachte dann dem Verein SG Eintracht Frankfurt und seinen vielen vielen
treuen Anhängern den ersehnten letzten Meilenstein - Aufstieg und „Nie mehr zweite Liga!“ nach dem
3:0 gegen den fairen Verlierer Burghausen. Die Nerven haben andere verloren - der Rest war
Jubel.
Und leider wurde es ein Aufstiegsjubel mit arg bitterem Nachgeschmack.
Das fing mit dem schon sechs Wochen im Voraus ausverkauften Stadion an - tausende
Karten wurden später mit unverschähmten Gewinnen bei e-bay von Fußballfeinden verschachert. Auf
der Konstablerwache war man nicht in der Lage für die unzähligen Fans welche nicht bereit waren
Wucherpreise bei e-bay für Stadionkarten zu zahlen eine Bildwand aufzustellen - angeblich eine
Geldfrage des Senders Premiere.
Nach Spielschluss kam es zu einen bis zu Stunde nicht geklärten Aufmarsch und
gewaltbereiten Einsatz von provozierend martialisch gekleideten Polizeitruppen während der
Siegesfeier in den Stehplatzblöcken der Arena. Eintracht-Spieler mussten eingreifen um ein
schlimmeres Ausmaß der (Polizei-)Gewalt zu verhindern. Was soll das? Aufstiegsfeier unter
Schlagstock- und Gaseinsatz… Nie dagewesen.
Unter den denkbar ungünstigsten meteorologischen Bedingungen ging die Jubelarie auf
dem Frankfurter Römer weiter - 20000 Fans bei extremsten Platzregen. Auch das noch nie
dagewesen. Eine Superparty mit traumhafter Unterwasser Stimmung… Spielern, Fans und Offiziellen
merkte man ersichtlich die Aufstiegsfreude an - da spürte man noch einmal hautnah diese Sensation
des Erfolges.
Alles war bereitet um diesen Tag in seiner Freude unvergesslich für den Verein und die Stadt
Frankfurt zu machen… Traditionell wird nach dem Römer in Alt-Sachsenhausen weiter
gefeiert.
Aber Alt-Sachsenhausen wurde an diesem eigentlichen Aufstiegs-Freudentag 22. Mai 2005
nicht Stätte des Jubels und der friedlichen Feier. Vielmehr beherrschten Schlagstock und Gas das
altehrwürdige, so viel gesehene Viertel. Für alle Beteiligten - Fußballfans, Eltern mit Kindern, die wie
immer anwesende Touristen, Anwohner, Gastwirte und auch für mich als unmittelbarer Augenzeuge - bleibt
dieser eigentliche „Feier“abend für Jahre mit einem extrem negativen Eindruck im Gedächtnis
behaftet.
Ein völlig überzogener Einsatz der hochgerüsteten Staatsmacht brachte hier demokratische
Grundrechte ins wanken. Ich habe in meinem Leben leider schon Polizeieinsätze unter dem Befehl
einer Diktatur erleben müssen - aber war hier bei einer Aufstiegs-Jubelfeier nach einer kleinen
Rangelei, welche jeden Abend in O-Sax vorkommt, ein solcher Einsatz gerechtfertigt. Musste man mit
einer solchen Präsenz ein gesamtes Vergnügungsviertel unter Einsatz von Schlagstock und Gas
gegen jeden Anwesenden, egal welchen Couleurs kontinuierlich evakuieren und dann dieses Gebiet
bis in die Morgenstunden weiträumig als Sperrgebiet erklären?
Ein Gedanke beherrschte mich zu der Stunde immer wieder: So sieht Bürgerkrieg oder
Terrorgroßalarm aus. Schöne neue (kommerzialisierte) Fußballwelt Deutschland!
Über die Ursachen mache ich mir da schon Gedanken - war es eine langfristig geplante
konzertierte Aktion im Zusammenhang mit dem Con-Fed Cup und der WM 2006? Wie zufällig fand am
selben Wochenende eine Katastrophenübung mit getürkter Bombenexplosion im Leipziger WM-Zentralstadion
statt. In Frankfurt wurde eventuell der Polizeieinsatz in den Zuschauerblöcken und das
Räumen bzw. Abriegeln von ganzen „Problem“-Zonen am lebenden Objekt getestet. Eine Bildwand an
der Konstabler war vielleicht nur deshalb nicht vorhanden weil sie zusätzliche, aber nicht vorhandene
Kräfte gebündelt hätte. Ein „Einsatz“ am Römer hätte sich wegen der vielfach vorhandenen
Medienpräsenz von allein verboten. Und wie zufällig wurde am Mittwoch nach diesem „Übungs“-
Wochenende in Stuttgart das Sicherheits-Konzept für die WM 2006 vorgestellt… Authentisches
Bildmaterial war ja nun vorhanden.
Bitter!
Abschließend noch ein Wort zur regionalen Fußballkonkurrenz. Die Offenbacher werden ja
nun mit Ach und Krach aufsteigen und dürfen immer noch auf ihr Derby hoffen - falls es Wehen auch
schafft.
Und die ständig „Nummer 1 in Rhein-Main wollenden“ Mainzer dürfen sich glücklich schätzen nach der
in den letzten dreißig Jahren mit Abstand schwächsten Bundesligasaison die Klasse vorerst gehalten
zu haben - dafür Gratulation. Löblich war der in der Frankfurter Presse geschaltete Glückwunsch zum
Aufstieg an die Eintracht und was man aus den Foren von M105 herauslesen kann die Solidarität der Mainzer Fans gegen
die Polizeieinsätze von Frankfurt.
Schönen Sommer noch